18.

Sharleen starrte wie gebannt auf den Scheck in ihren Händen. Sie hatte Mühe, die vielen Ziffern zu zählen und noch mehr Mühe, sich damit vertraut zu machen, daß das alles ihr gehören sollte. Sie sah Mr. Ortis an. »Nur dafür, daß ich einen bestimmten Lippenstift benutze? Was soll ich damit machen?« fragte sie.

»Ihn zur Bank bringen und einlösen.«

»Zu welcher Bank?«

»Ihrer Bank«, antwortete Sy Ortis.

Sharleen lachte. »Mr. Ortis, ich hab kein Bankkonto.«

Sie und Dean waren soviel herumgezogen, und sie besaßen ja auch nie viel Geld. Sie pflegte ihr Geld in Mommas Bibel zu legen.

Mr. Ortis lehnte sich in seinem Drehsessel zurück. Dann griff er nach dem Telefonhörer.

»Lenny soll zu mir kommen.« Er hing ein. »Meine Liebe, wir regeln das für Sie. Ich kenne jemanden, der alles für Sie machen wird. Rechnungen, Geldanlagen, Steuern. Einfach alles.«

Lenny, ein großer schlanker Mann, begrüßte Sharleen ernst und ohne eine Miene zu verziehen. Sy Ortis erklärte Lenny, was von ihm erwartet wurde: »Richten Sie ein Girokonto für Miss Smith ein und bereiten Sie die Papiere für ihre Unterzeichnung vor. Lassen Sie sich eine Vollmacht geben. Anita soll Miss Smith einen Barvorschuss geben.« Sy erklärte Sharleen auch den Grund dafür: »Damit Sie heute ein bißchen einkaufen gehen können. Jetzt, wo das Geld hereinkommt, werden wir Ihnen ein Haus beschaffen, einen Wagen leasen, Kreditkonten in den besseren Geschäften einrichten und Ihre Kreditkarten beantragen. Wenn Sie sonst noch Wünsche haben, richten Sie die an Lenny. Von jetzt an können Sie das Geld vergessen. Sie brauchen es nur noch auszugeben.«

Damit fiel Sharleen ein Stein von der Seele. Einen kurzen Augenblick lang fragte Sharleen sich, ob man Lenny das viele Geld anvertrauen durfte. Doch schließlich erwarteten sie ja bald wieder Honorarschecks. Mehr als sie und Dean ausgeben konnten.

Sharleen ging sofort nach ihrem Besuch bei Mr. Ortis zu Dean, der geduldig in seinem Datsun wartete. In ihren Händen hielt sie den braunen Umschlag mit dem Bargeld.

Sharleen hatte Dean erklärt, daß sie jetzt eine Fernsehshow machen würde. Doch sie wußte nie so recht, wieviel Dean von dem verstand, was sie ihm erzählte. Im übrigen mußte sie zugeben, daß sie selbst es auch noch nicht richtig begriff.

Sharleen legte die Hand auf Deans Schulter. »Ich habe mein erstes Geld bekommen. Also gehen wir jetzt einkaufen. Es ist viel Geld, Dean. Also überleg mal, was du dir am meisten auf der Welt wünscht.«

Dean suchte nach einer Antwort. »Eigentlich nichts. Ich hab dich, ich hab ein Auto, und wir haben jetzt auch eine nette Wohnung. Und ich hab keinen Hunger mehr. Wirklich, Sharleen, ich wünsch mir nichts.«

»Klar wünschst du dir was. Ich weiß auch, was. Denk mal nach, Dean.«

Dean schwieg. »Na ja, ich wollte eigentlich immer einen Hund haben. Einen jungen. Weißt du, einen Labrador. Vielleicht so einen wie den von Dobe.«

Sie besaßen schon eine Katze, dick und fett. Dean hatte sie eines Tages fast verhungert aufgelesen und Oprah genannt. »Also, worauf warten wir noch? Fahren wir los.«

Dean riß die Augen auf. »Echt? Haben wir soviel Geld?« »Seit ich die Rolle der Cover spiele, haben wir mehr Geld als der reichste Mann von Lamson.«

Dean trat aufs Gaspedal. Mit quietschenden Reifen verließ er den Parkplatz und schrie: »Jippie!«

Der Tierladen war für Hollywood nicht ungewöhnlich. In L.A. ist eben alles vom Feinsten. Der Verkäufer trug über einem grauen Anzug mit Krawatte einen weißen Arztkittel. »Womit kann ich Ihnen dienen?«

»Wir suchen einen Welpen«, kam Dean zur Sache. »Wenn es geht, einen schwarzen Labrador.« Im Laden hingen nur Bilder von Hunden, die alle glänzend herausgeputzt in die Kamera blickten und die so vermutete Sharleen, sogar edel dufteten.

»Sie haben Glück. Wir zeigen unsere Kollektion im allgemeinen nur nach vorheriger Anmeldung. Doch wir haben gerade eine kurzfristige Absage erhalten und können Ihnen darum einiges vorführen.« Er drückte auf einen Knopf seines Tischtelefons. »Bringen Sie den schwarzen Lab, den wir vorhin zeigen wollten.« Und so leise, daß es seine Kundschaft nicht verstand, fügte er hinzu: »Auch den Setter und den Golden Retriever.«

Nur wenige Minuten später schob eine junge Frau, auch sie im weißen Kittel, einen Wagen mit einem Korb herein, in dem drei Welpen hockten. Gütiger Himmel, dachte Sharleen beim Anblick der riesigen blauen Seidenschleifen um den Hals jedes Hundes.

Dean hockte sich neben den Korb. Er blies leicht in das Gesicht der Hunde und schloß die Augen, als sie ihm über Mund und Wange leckten. »Bitte nehmen Sie ihnen die Schleifen ab, Mister. Das ist so unnatürlich. Darf ich sie anfassen?«

»Selbstverständlich. «

Dean langte in den Korb. »He, Sharleen, sieh dir die Kerlchen an. Bildschön.« Er warf ihr einen flehenden Blick zu. »Ich kann nicht einen auswählen und die anderen hierlassen.«

Sharleen seufzte. »Warum mußten Sie alle drei herbringen?« fragte sie den Verkäufer. Sie tastete nach dem braunen Umschlag, den sie in Mommas Bibel gesteckt hatte. Mr. Ortis hatte ihr ja noch so einen Vorschuß für die nächste Woche angekündigt. Dean hielt den Setter auf dem Schoß und umarmte den Labrador, während der Retriever an seinem Ärmel zerrte.

»Wir nehmen sie alle drei«, erklärte Sharleen und holte das Geld aus dem Umschlag.

»Alle drei, Sharleen? Wirklich? Können wir uns das leisten? «

»Können wir. Wie sollen sie heißen?«

»Den blonden, den Retriever, könnten wir Clover nennen.«

»Du hast recht, Dean.« Sharleen lachte. »Clover. Der schwarze ist Clara, der rote Setter Crimson. Genau wie in der Show.«

Die schoenen Hyaenen
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